(aus echo-online vom 3.7.22)

"Schwachsinn": Schwöbel kontert Kritik von Viktoria Urberach
Der VfL Michelstadt bleibt in der Kreisoberliga, Urberach steigt ab. Die Viktoria kritisiert den Klassenleiter scharf und hat ein Gnadengesuch eingereicht. Wie es jetzt weitergeht.

Eric Hartmann: Sportredakteur
Von Eric Hartmann
Sportredakteur

 

ODENWALDKREIS - Auf dem Amateurfußballplatz ruht der Ball aktuell, doch abseits des Geschehens hat ein Sportgerichtsurteil für erhitzte Gemüter gesorgt. Zumindest beim Kreisoberliga-Absteiger Viktoria Urberach. Der Gang in die A-Liga Dieburg steht seit vergangenen Freitag nämlich endgültig fest. Der große Profiteur ist der VfL Michelstadt, der trotz sportlichem Abstieg auch in der kommenden Saison in der Kreisoberliga Dieburg/Odenwald spielen wird.
Was war passiert? Am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison, Michelstadt und Urberach gingen punktgleich auf die Zielgerade, setzte die Viktoria im Heimspiel gegen die SG Klingen (5:1) einen Akteur ein, bei dem kein Bild im digitalen Spielerpass vorlag.

 

Schiedsrichter schreibt falch auf
Der Spieler schoss nach seiner Einwechslung ein Tor, der Schiedsrichter schrieb seine Hereinnahme und den Treffer allerdings einem anderen Spieler des Rödermarker Vereins zu. Zwei Tage nach der Partie meldeten sich die Viktoria-Verantwortlichen per E-Mail bei Klassenleiter Hartmut Schwöbel, um den Fehler korrigieren zu lassen.

Grundsätzlich eine nicht unübliche Gangart, in diesem Fall aber mit fatalen Folgen für Urberach. Schwöbel fiel bei der Überprüfung des Spielberichts auf, dass kein Online-Passbild des Akteurs vorliegt, woraufhin der Klassenleiter den Schiedsrichter der Partie nach einer Ersatzlegitimation befragte. Der Unparteiische bestätigte laut Schwöbel zwar den Fehler im Spielbericht, sagte allerdings, dass der sich Spieler vor der Partie nicht mit einem alternativen Ausweisdokument für die Teilnahme am Spiel berechtigt habe. In diesem Fall hat die Viktoria also einen nicht-spielberechtigten Kicker eingesetzt, was laut Paragraf 31.4 der Strafordnung des Hessischen Fußballverbands mit Spielverlust gewertet wird.

 

Kein Bild, keine Spielgenehmigung
Schwöbel leitete den Fall an einen Einzelrichter weiter, dieser wertete das Spiel mit 0:3 aus Sicht der Viktoria, die aufgrund des Urteils in der Tabelle der Abstiegsrunde wieder hinter Michelstadt fiel und nun in die A-Liga muss. Der VfL hatte sein letztes Saisonspiel übrigens mit 0:4 zuhause gegen den SV Groß-Bieberau verloren.
Die Viktoria legte gegen das Einzelrichter-Urteil zwar sowohl beim Sport- als auch beim Verbandsgericht Einspruch ein, scheiterte damit aber. "Wir sind noch immer fassungslos, dass die höchste sportjuristische Instanz unsere stichhaltigen Belege und Dokumente als nicht aussagekräftig eingestuft hat", teilte der Sportliche Leiter der Viktoria, Michael Hock, mit. Mindestens 50 an diesem Tag anwesende Zuschauer hätten die Identität des Spielers bestätigen können. "Die sportliche Fairness wird hier mit Füßen getreten", sagt Hock. Präsidiumsmitglied Thomas Weiland schiebt hinterher, dass die Viktoria unter anderem für ihre Ehrlichkeit nun bestraft werde. Auch Michelstadts Pressesprecher Holger Sievers spricht von einem "bitteren Ende für Urberach".

 

Ehrlichkeit kostet Urberach den Klassenerhalt

Schwöbel stimmt dem ebenfalls zu: "Hätten sie mir keine E-Mail gesendet, hätte ich wohl nichts unternommen." Eine ziemlich unglückliche Figur habe der Schiedsrichter an diesem Spieltag laut des Klassenleiters gemacht. Laut Viktoria habe dieser am Spieltag alle Pässe für gültig erklärt. Dazu hätte es allerdings auch einer Ersatzlegitimation des Akteurs ohne Passbild benötigt. "Der Schiedsrichter hätte deshalb auf die Viktoria zugehen können, es ist allerdings kein Muss. Letztlich ist immer der Verein für die Vollständigkeit der Pässe zuständig", sagt Schwöbel.

Und spricht von einem "brutal harten Fall für die Viktoria". Die Vorwürfe der Urberacher gegen seine Person kann er allerdings gar nicht nachvollziehen. Beispielsweise, ob Schwöbel als Michelstädter dem VfL zum Klassenerhalt verhelfen wollte. "Da wird die Fairness ebenfalls mit Füßen getreten, wenn sie mir so etwas unterstellen." Oder warum der Klassenleiter in einer E-Mail vom 16. Juni Informationen eines schwebenden Verfahrens an die Presse weitergegeben habe. "Das ist völliger Schwachsinn, das war eine normal formulierte Pressemitteilung und zu diesem Zeitpunkt war das Urteil in diesem Fall ja auch schon gesprochen - nur noch nicht rechtskräftig", sagt er.

 

Die Viktoria hat ihrerseits nun ein Gnadengesuch beim HFV-Präsidium eingereicht. Sozusagen als letzte Chance, doch nochmal etwas drehen zu können. Die Wahrscheinlichkeit, dass das allerdings eintritt, scheint äußerst gering, denn laut Paragraf 70.2 der Rechts- und Verfahrensordnung des HFV ist ein Gnadengesuch unter anderem bei Spielverlusterklärungen unzulässig. Es sieht also alles danach aus, dass die Viktoria wegen eines fehlenden Passbildes und einer versendeten E-Mail eine ganze Saison in den Sand gesetzt hat. Bitterer gehts kaum.